Tagung der AG Altsteinzeit am 01. März 2014
Auch im elften Jahr ihres Bestehens ist die AG Altsteinzeit und Mittelsteinzeit Hessen ein Ort des Austauschs und des freundschaftlichen Miteinanders. Unerschöpflich ist der Schatz unseres kulturellen Erbes, das es zu pflegen und zu dokumentieren gilt – und die engagierte Unterstützung der Archäologischen Denkmalpflege verbunden mit einem hohen Interesse an Kompetenzerwerb und wissenschaftlicher Aufarbeitung stehen nach wie vor im Zentrum des Engagements all derer, die sich der Kultur unserer frühsten Vorfahren verschrieben haben.
Junge „Paläos“
An die 40 Mitglieder und Gäste konnte Norbert Kissel, Koordinator für Mittelhessen der landesweit arbeitenden AG und verantwortlich für die Organisation der Tagungen, am 1. März 2014 in der Aula der Adolf-Reichwein-Schule in Pohlheim begrüßen. Besonders erfreulich: Zunehmend finden sich auch jüngere Menschen unter den „Paläos“!
Der Begriff Paläos stammt übrigens von Jürgen Hubbert, der in der AG die Südhessen vertritt.
Öffnung über die Landesgrenzen hinaus
Ein weiterer Pluspunkt: Die AG überschreitet zunehmend die Landesgrenzen. Menschen aus anderen Bundesländern, die ebenfalls mit beiden Beinen und viel Sachverstand in der ehrenamtlichen Denkmalpflege stehen, haben zu uns gefunden, möchten sich austauschen über das Thema, das alle in der AG bewegt: Wie war das damals vor Jahrhunderttausenden, wie sind die unscheinbaren Spuren der Vergangenheit zu interpretieren, welche Rückschlüsse lassen sich hieraus auf das Denken und Handeln derer ziehen, die uns ihre steinernen Keilmesser, Schaber und Geröllgeräte hinterlassen haben?
Gedenken an Christian Aschenbrenner
In die Freude über viele neue Gäste mischte sich jedoch auch die Trauer über den Verlust eines AG-Mitglieds „der ersten Stunde“: Christian Aschenbrenner ist im vergangenen Jahr plötzlich und unerwartet verstorben. Norbert Kissel erinnerte an das Engagement Alsteinzeit-Enthusiasten, der sich neben seinen Nachforschungen in Nordhessen auch vor allem als ehrenamtlicher Museumspädagoge einen Namen gemacht hatte. Die Tagungsmitglieder gedachten Christian Aschenbrenner in einer Schweigeminute.
Keilmesser
Der Fachvortrag der Tagung wurde von Prof. Dr. Lutz Fiedler gehalten und beschäftigte sich mit der Entwicklungsgeschichte der Keilmesser. Der Experte zeichnete die langsame Herausbildung dieser Geräteform anhand verschiedener Funde aus 1,5 Mio Jahre Menschheitsgeschichte nach. So traten erstmals auf dem afrikanischen Kontinent besondere faustkeilartige Geräteformen auf, die eine schneidende Kante aufwiesen, während die gegenüberliegende Seite natürlich stumpf oder entsprechend behauen war. Obwohl Keilmesser bereits im Acheuléen vorkommen, gehören sie als Leitfunde zu den Inventaren des nachfolgenden Mittelpaläolithikums und reichen somit bis in die Zeit des Neandertalers und darüber hinaus.
Anhand ausgewählter Zeichnungen gab Fiedler eine Einführung in die Systematik dieser Geräteform, erläuterte den vermuteten Gebrauch dieser häufig als Sägemesser gestalteten Werkzeuge, verwies auf die Handhabung der Geräte und auf spezielle Schärfungstechniken.
Eine Diskussion mit vielen wertvollen Beiträgen der AG-Mitglieder schloss sich an.
„Futter“ für die Homepage
Nach dem Fachvortrag folgte eine Phase des kollegialen Austauschs. Zugleich wurden ausgewählte Funde katalogisiert und für eine Veröffentlichung auf de Homepage der AG fotografiert.
Mittagessen
Die Diskussionen über Funde und Fundstellen setzte sich bis zum Mittagessen fort, das von der Mensa der Adolf-Reichwein-Schule (Lilo-Küchen) serviert wurde. Und wie immer standen – AG-Mitglied Werner Bender sei Dank – auch Streusel- und Butterlochkuchen sowie heißer Kaffee und Kaltgetränke für die „Paläos“ bereit.
Die Homepage der AG
Die Tagung setzte sich im naturwissenschaftlichen Fachklassentrakt der Schule fort. Im Hörsaal 126 erläuterte Norbert Kissel die Möglichkeiten der Homepage als multifunktionale Plattform und lud alle AG-Mitglieder ein, Artikel zu verfassen. Fiedler würdigte die Arbeit Kissels um den Aufbau der Seite und dankte im Namen der AG.
Neue Funde
Danach wurden mitgebrachte Funde der AG-Mitglieder von Prof. Fiedler bestimmt und mithilfe einer Kamera auf dem Aktivboard vergrößert.
Wieder kam eine stattliche Anzahl interessanter Fundstücke zusammen, die vom mehrere Kilo schweren paläolthischen (?) Chopping Tool bis zum mesolithischen Mikrolithen reichte. Besonders beeindruckend waren auch ein blattspitzenförmiger Schaber aus Flint und prächtige Bilderbuch-Faustkeile aus Nordrhein-Westfalen, die in der Fachliteratur bereits wissenschaftlich dokumentiert worden sind.
Die Tagung endete mit einer Diskussion um eine Vereinsgründung zur organisatorische und finanziellen Stabilisierung der AG. Neben zahlreichen positiven Aspekten wurde aber auch der Arbeitsaufwand eines geschäftsführenden Vorstands thematisiert. Bei der kommenden Herbsttagung will man hierzu eine Entscheidung treffen. Vielleicht heißt es dann „AG-Altsteinzeit und Mittelsteinzeit Hessen e.V.“. Man wird sehen!
Fazit
Am Ende der Tagung waren viele positive Rückmeldungen zu hören. Einen schönen Tag bei bester Stimmung hatte man miteinander verbracht und freut sich nun auf die nächste Tagung im Herbst.
